Foto: B. Dillenburger

Der Turm demonstriert die Möglichkeiten der digitalen Bautechnologie, die das Potential hat, die Baubranche nachhaltig zu revolutionieren. Der Bau besticht durch einen sparsamen Umgang mit Ressourcen: Das digitale Druckverfahren senkt den Materialbedarf und kommt ohne Schalung aus. Die modulare Bauweise erlaubt eine einfache Montage und eine schnelle Demontage.

Hintergrund: Digitale Baukultur und Nachhaltigkeit

Das Bauen der Zukunft steht vor grossen Herausforderungen: Weltweit ist die Menschheit im Rahmen der Urbanisierung mit einem immens wachsenden Bedarf an Gebäuden konfrontiert. Dadurch wird es immer relevanter, nachhaltig und kostengünstig zu bauen. Die Antworten darauf können nur zusammen mit einer radikalen Digitalisierung von Architektur und Bauindustrie gefunden werden. Robotische additive Fertigung wie der 3D-Druck sind hierbei von grosser Bedeutung. Der Weisse Turm von Mulegns wird mit ca. 30m Höhe einschliesslich der Basis das höchste 3D-gedruckte Gebäude der Welt.

3D Druck von Beton

Tor Alva demonstriert die bahnbrechenden Möglichkeiten des computergestützten Designs und der digitalen Fertigung, die in den kommenden Jahren konventionelle Gebäude grundlegend verändern werden. Die digitale Fertigungstechnik verspricht eine substanzielle Innovation im Bauwesen. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden kann der Turm günstiger gefertigt werden, weil zeitaufwendige, repetitive oder komplexe Arbeit durch Roboter erledigt werden kann. Tor Alva wird mit einem 3D-Druckverfahren aus Beton hergestellt, das an der ETH Zürich entwickelt wurde. Bei diesem neuartigen Herstellungsverfahren trägt ein Roboter durch eine Düse nacheinander dünne Schichten eines Feinkornbetonsauf. Das Material ist weich genug, um zur Düse gepumpt zu werden und sich mit den vorherigen Schichten zu verbinden, härtet jedoch dank eines an der Düse beigemischten Zusatzmittels schnell genug aus, um die die folgenden Schichten zu stützen.

Automatische Integration von Bewehrung

Eine der Besonderheiten des Tragwerks von Tor Alva besteht in der Verwendung von tragenden, 3D-gedruckten Betonsäulen. Hierbei überträgt das 3D gedruckte Material selbst die Kräfte (bisher wurden 3D-gedruckte Strukturen lediglich als verlorene Schalung verwendet). Diese Innovation wird einerseits durch die Bewältigung der Herausforderungen bei der Integration der Bewehrung während des Druckprozesses erreicht, andererseits durch die Anwendung eines neuen Bemessungskonzepts für die tragenden 3D-gedruckten Betonsäulen.
Dadurch wird eine Optimierung der 3D-gedruckten Betonelemente ermöglicht und die Tragwerkseffizienz verbessert, indem die Tragsicherheit mit geringerem Materialverbrauch gewährleistet werden kann.

Effizienter Einsatz von Material

Durch den Einsatz von robotergestützten Betonextrusionsverfahren kann der Beton gezielt nur dort aufgetragen werden, wo er benötigt wird, wodurch der Materialverbrauch reduziert wird, ähnlich wie bei optimierten Strukturen, die wir aus der Natur kennen. Resultat dieser Überlegungen sind die dünnwandigen hohlen Säulen des Turms, die durch die Einsparung von Material eine Reduktion der CO2 -Emissionen bewirken.

Schalungsfreier Betonbau

Diese Bauweise vermeidet Abfall, denn sie benötigt keine Schalung mehr, da der Beton beim 3D-Druck nicht gegossen, sondern von einem Roboter in extrudierten Bahnen aufgetragen wird. Durch den Wegfall der Schalung eröffnen sich neue Freiheiten im Entwurf hinsichtlich expressiver Formen, Oberflächendetails und Hohlräumen, und eine kosteneffiziente Produktion von massgeschneiderten Bauteilen wird möglich. 

Modulare Vorfertigung, lösbare Verbindungen und Vorspannung

Der Turm wird unter Berücksichtigung von Konzepten der Kreislaufwirtschaft und Wiederverwendung so konstruiert, dass er an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden kann. Die Demontage von Tor Alva ist bereits in der Planungsphase vorgesehen. Die modulare Bauweise erlaubt einen einfachen Auf- und Abbau der einzelnen Bestandteile. Die Elemente werden trocken, also ohne Klebemittel, über lösbare Schrauben verbunden. Die Vorspannungen in den Elementen ist eine weitere Strategie, das Material Beton effizient einzusetzen.

Gedruckte Schalung und Guss für horizontale Elemente

Die horizontalen Bauteile, die sich nicht für den Betondruck eignen, werden durch Betonguss hergestellt, bei dem neuartige 3D gedruckte Schalungen verwendet weren.

Leichtbau Fassadenlösung

Der Wetterschutz des Turmes wird über eine ultraleichte, innovative Membrankonstruktion erreicht, die sich in den Sommermonaten entfernen lässt.

Digitales Design

Alle Projektdaten werden in einem digitalen Zwilling gespeichert, der die Koordination, Simulation, Evaluation und Realisierung des Turms ermöglicht, ohne das herkömmliche Baupläne benötigt werden. Erweiterte Realität, Virtual Reality und Augmented Reality werden sowohl in Entwurf und Ausführung intensiv verwendet. Digitale Technologien werden auch im Designprozess eingesetzt. Die gesamte Struktur des Turms wird mit benutzerdefinierter Software programmiert und entworfen, die eine präzise Definition der Geometrie ermöglicht und die erforderlichen Daten direkt an die Druckroboter senden kann. Diese Technologie ermöglicht die effiziente Herstellung auch von maßgeschneiderten Elementen.